In einer seiner bekanntesten Schrift führt Paracelsus eine Theorie zu Krankheitsursachen aus. 5 an der Zahl heißt sie auch die „5 Entien -Theorie“. Sie wird oft zitiert, interpretiert und steht für die eigenwillige paracelsische Sicht, die er in Konfrontation zur zeitgenössischen Schulmedizin entwickelte. Heutige Natur- und Schulmedizin sind sich immerhin dahingehend einig, dass ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren, wie Veranlagung, Umwelteinflüsse, Ernährung u.s.w. bei der Entstehung von Krankheiten eine Rolle spielen können. Dieses verneint Paracelsus hier ausdrücklich und besteht darauf, dass nur eine der „5 Entien“ ursächlich für eine Krankheit sein kann.
Paracelsus richtet sich mit dieser Schrift an Ärzte. Er fordert auf, die klassische „Säftelehre“, die Krankheit durch das Ungleichgewicht der vier Körpersäfte erklärt, zu überdenken. Aber auch gängige Annahmen aus Astrologie und Theologie verwirft er und präsentiert neue Erklärungsmuster.
Die verblüffendste Krankheitsursache ist aus meiner Sicht das „Ens Astrale“. Sterne und Planeten sind für Paracelsus weder ursächlich für Schicksale, noch für Persönlichkeiten der Menschen. Krankheiten verursachen sie nur insofern, als dass die Sterne jeweils unterschiedliche Gifte ausdünsten, die wir mit der Luft aufnehmen.
Das „Ens Veneni“ kommt zum Einsatz, wenn der Magen nicht mehr richtig funktioniert und die Gifte nicht korrekt von der Nahrung trennt.
Wie man schon erkennen kann, spielen krankmachende Gifte ursachenübergreifend eine Rolle.
Mit dem „Ens Naturali“ räumt Paracelsus direkt mit den medizinischen Doktrinen der mittelalterlichen Medizinfakultäten auf. Es sind nicht vier Säfte wichtig für das menschliche Leben, sondern nur einer – der „Lebenssaft“, der Gutes und Schlechtes transportiert. Die vier Charaktertypen Choleriker, Sanguiniker, Melancholiker und Phlegmatiker, die traditionell mit den vier Elementen assoziiert werden, erklärt Paracelsus lieber mit vier „Geschmäckern“: Überwiegt im menschlichen Leib einer der Geschmäcker bitter, salzig, sauer oder süß ergibt sich einer der vier Charaktere, wobei Gefühlszustände aber aus dem menschlichen Geist kommen und nicht vom Körper!
Ein wichtiges Gebiet des „Ens Naturali“ sind die Organe, die Paracelsus zwar mit den fünf Planeten plus Sonne und Mond assoziiert, aber gleichzeitig ihre Unabhängigkeit vom Firmament betont. Darüber hinaus haben die Organe übrigens auch untereinander keine Verbindung! Paracelsus versteht die Organe als isolierte Subjekte, wobei Krankheit entsteht, wenn sie sich irgendwie in die Quere kommen.
Diese Sichtweise finde ich erstaunlich, da Paracelsus sich als Alchemist ja sonst sehr für Stoffwechselprozesse interessiert. Die Organe brauchen – anders als der restliche Leib – in der paracelsischen Vorstellung übrigens auch keine „Nahrung“. In diesem Punkt ähneln sie den Planeten.
Durch das „Ens Spirituali“ entstehen Krankheiten über den menschlichen Geist. Ausführlich beschreibt Paracelsus wie der Geist eines feindlich gesonnenen Menschen, dem Geist des Opfers Schaden zufügen kann, wodurch dann der Körper Schaden nimmt. Dies geschieht über materielle Medien wie Wachspuppen oder Bilder und basiert auf Willenskraft.
Dass der Mensch an eigenen negativen Gedanken Schaden nimmt – wie dieses Ens hauptsächlich gerne interpretiert wird – erwähnt Paracelsus nur ganz am Rande.
Die letzte Krankheitsursache ist das „Ens Deale“. Hier wird die Krankheit als Strafe Gottes verstanden. An der Stelle räumt er ein, dass die Heilung jeder Krankheit vom Willen Gottes abhängt, und der Arzt nur der Vollstrecker dieses Willens sein kann.
Das „Volumen paramirum“ schrieb Paracelsus als junger Arzt; wesentliche Ideen seiner theoretischen Krankheitslehre werden bereits ausgeführt. Allerdings tauchen sie im paracelsischen Werk nie wieder als diese festen Kategorien der „Entien“ auf. Nichtsdestotrotz durchziehen die zugrundeliegenden Vorstellungen so oder in Varianten seine zahlreichen Texte zu Theorie und Praxis seiner Medizin.
Eine ausführliche Zusammenfassung des „Volumen Paramirum“ erscheint demnächst auf dieser Seite (unter den drei Punkten rechts oben im Menü).